Zusammenfassung
Einleitung: Nachdem die mikrochirurgische Rekonstruktion bei Patienten mit kritischen Perfusionsstörungen
und arterieller Verschlusskrankheit in mehreren Zentren zunehmend durchgeführt wird,
besteht die Notwendigkeit einer Standardisierung des interdisziplinären Diagnostik-
und Therapieregimes bei diesen kritisch kranken Patienten. Im Rahmen eines Consensus-Workshops
zur Rekonstruktion der vaskulär kompromittierten unteren Extremität anlässlich der
35. Jahrestagung der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Mikrochirurgie der
peripheren Nerven und Gefäße 2013 in Deidesheim wurden durch Mitglieder der DAM zusammen
mit Gefäßchirurgen und interventionellen Radiologen die Diagnose- und Therapiemöglichkeiten
bei diesen Fragestellungen eruiert, interdisziplinär diskutiert und wesentliche Empfehlungen
festgehalten.
Methode: Anhand einer Literaturrecherche und der Ergebnisse der Expertendiskussion werden
die Therapiemöglichkeiten und -grenzen aufgezeigt und Hinweise zur erfolgreichen Rekonstruktion
durch Kooperation gegeben.
Ergebnisse: Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit können Extremitäten erhalten werden und
dadurch nicht nur die Lebensqualität verbessert, sondern – wie sich anhand von Literaturdaten
zeigt – auch die Lebensdauer von schwer gefäßerkrankten Patienten verlängert werden.
Es wurden unterschiedliche Konzepte für diese Patientengruppe entwickelt, bei denen
ein- oder mehrzeitige rekonstruktive Eingriffe mit gefäßerweiternden Verfahren, alleine
oder in Kombination mit unterschiedlichen Konfigurationen von autologen Bypasses
zur differenzierten Anwendung kommen. Freie Lappenplastiken erhalten durch die Revaskularisierung
im Sinne eines „nutrient flap“ Anschlussmöglichkeiten und können zu einer verbesserten
Perfusion der unteren Extremität beitragen. Die erhöhten perioperativen Risiken erscheinen
bei sorgfältiger präoperativer Evaluation und adäquater Indikationsstellung für die
Patienten vertretbar.
Diskussion: Der schlechte Allgemeinzustand der Patienten erfordert eine entsprechende interdisziplinäre
präoperative Planung, die auf den Einzelfall abgestimmt werden muss. Der Anschluss
von freien Lappen auf einen Bypass oder an eine rekanalisierte Gefäßachse ermöglicht
nicht nur die Deckung von großen Defekten, er stellt auch durch die Erhöhung des Blutflusses
im Bypass einen hämodynamischen Vorteil dar. Dies ist auf das zusätzliche Gefäßbett
zurückzuführen, das mit dem freien Lappen transplantiert wird. Der Erhalt der Mobilität
bietet für dieses Patientengut wesentliche Vorteile, wobei stets der initial weniger
belastende Eingriff der Amputation auch in Betracht gezogen werden muss.
Abstract
Introduction: As microsurgical reconstruction is now being increasingly performed on patients with
critical peripheral perfusion and/or arterial occlusive disease in numerous centres,
there is a need for standardisation of interdisciplinary diagnostic approach and treatment
regimens in such critically ill patients. In a consensus workshop on reconstruction
of the vascular compromised lower extremity during the 35th Annual Meeting of the
German working group microsurgery of the peripheral nerves and vessels (DAM) in 2013
in Deidesheim, DAM members together with vascular surgeons and interventional radiologists
attempted to establish interdisciplinarily routine pathways for diagnosis and therapy
and to consolidate key recommendations for treatment.
Methods: By reviewing the literature and considering the results of the expert meetings, options
and limits of therapy were illustrated and recommendations for successful cooperative
treatment formulated.
Results: By means of interdisciplinary cooperation, limbs can be salvaged and the quality
of live as well as survival of patients with severe peripheral vascular disease improved.
Different techniques including angioplasty, bypass surgery and microsurgical free
flaps can be applied and individualised concepts allow extremity salvage even in patients
with severely compromised limbs. Revascularisation provides the possibility of free
flap transfer while the risk for the patients is moderate.
Discussion: The poor general condition of the patient requires a sufficient interdisciplinary
preoperative planning. By means of interdisciplinary cooperation, the limbs can be
salvaged. This not only improves the quality of life but also increases the survival
time of patients with occlusive vascular disease. Different concepts for this group
of patients have been developed. Surgical treatment with a distal bypass or recanalisation
and free flap not only allow for the coverage of large defects, but also represent
a haemodynamic advantage by increased blood flow in the bypass. This is attributed
to the additional vascular bed that is transplanted with the free flap. Limb salvage
means relevant improvement, however, the initially less demanding procedure of amputation
must always be considered.
Schlüsselwörter Unterschenkelrekonstruktion - untere Extremität - freie Lappenplastiken - Mikrochirurgie
- Weiterbildung
Key words lower leg reconstruction - lower limb - free flap plasty - continuing medical training